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Inclination:
 
Niemals kam der Zug
noch ist er je losgefahren...
 
Der Begriff Inclination ("Schräge", "Schieflage", aber auch "Neigung" im Sinne von "Zuwendung", sowie "Minderung" und "Senkung" und ebenfalls "Wechsel", "Veränderung") wird innerhalb der Installation  und während der Performance darauf, auf verschiedenen Ebenen durchdekliniert: Einerseits in seiner faktisch-geometrischen Bedeutung der Schieflage, die von den im Ausstellungsraum positionierten Schienen aufgenommen wird, andererseits in den Zeichnungen, die, auf einer magnetischen Wand montiert den Begriff der Zuneigung auf menschlich-körperlicher Ebene thematisieren. Dieser Magnetismus, der den Begriff der Zuneigung zur Anziehung, der nicht auszukommen ist, zufällig - wie es der Ausstellungsserie gerecht wird- physikalisch weiterführt-, wird in der Performance wieder aufgenommen. Bei den aus den Schienen herausragenden Stiften, die wie festgeschraubt wirken, handelt es sich de facto um Magnete, die während der interaktiven Performance energisch und klangvoll umgestoßen werden. Am Ende wird auch die Performerin von der Schwerkraft zu Boden gezogen und beendet die Vorstellung mit den Worten „ich bin gescheitert.“
 
Dies bezeichnet den Schlüsselbegriff, das das Werk wieder mit dem Begriff des „hasards“, der titelgebend für die Ausstellungsreihe steht, verbindet: Denn tatsächlich bezeichnet der Begriff „hasard“ zwar im Französischen den Zufall, im Englischen jedoch vielmehr die Gefährdung, das Risiko, ja die Gefahr an sich.
 
Scheitern, unter diesem Aspekt besehen, ist demnach nur möglich, wenn zuvor ein Risiko eingegangen wurde, das mutige Wagnis insofern eine Vorbedingung für das Scheitern. Ohne zuvor einen Schritt gesetzt zu haben, ein Ziel gesetzt, einen Weg beschritten zu haben, ist weder das Erreichen noch das Misslingen möglich. In jedem der beiden Fälle entsteht jedenfalls Erkenntnis und Klarheit.
Das Beschreiten des gefährlichen Gebietes ist also jedenfalls notwendig um zu Er-fahren, zu Be-greifen, ja zu Erkennen.
So meint Scheitern ursächlich auch sich aufzulösen, sich auseinanderzunehmen, damit gleichzeitig sich neu zusammenzusetzen und damit Raum schaffen.
 
Die Schienen selbst stoßen wandseitig in eine Weiche, die durch die Präsentation der Arbeit „traces“ subtil im Bild angedeutet wird, auf der anderen Seite führen sie in ihr aufgerolltes Gleisbett aus weichem Vlies, das bereit ist, sich ins Unbekannte zu entrollen.
 
Eine ältere Video-Arbeit - "le retour du son", 2015,  nimmt formal die zwei linearen Elemente wieder auf, hier als gewundene Wuchsstangen, über die Hände sich Hände ranken, um unhörbare Klänge im Inneren zu evozieren und somoatosensorische Effekte zu erzielen, ein Hauptanliegen der Künstlerin.